Der Fußballsport in Wusterhausen

Als am 28.1.1900 in Leipzig der organisierte Fußballsport in Deutschland aus der Taufe gehoben wurde, in Form der Gründung des deutschen Fußballbundes (DFB), spielte das kicken des runden Leders in der Stadt eine eher untergeordnete Rolle und wurde in der Freizeit betrieben.

Erst nach Ende des ersten Weltkrieges begann der Fußballsport in Deutschland seinen Siegeszug und es schlossen sich sportbegeisterte Enthusiasten zusammen um am 19.12.1919 den Sportclub Wusterhausen „SCW“ mit seinen Sparten „Fußball“ und „Leichtathletik“ zu gründen. Die Gründungsversammlung fand in der Gaststätte „Zum Landhaus“, der heutigen Pizzeria „Paludi“ statt.

Initiator der Gründung war der Wusterhausener Bürger Rudolf Plagemann, welcher 25 Jahre lang die Geschicke des Vereins lenkte.

Bei frostigen Temperaturen am 28.2.1920 fand bereits das erste Fußballspiel gegen „Vorwärts Kyritz“ statt. Die ersten Turniere fanden auf einem von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellten Sandplatz statt. Erste Erfolge stellten sich ein. Verschiedene Mannschaften spielten zum Beginn der 20er Jahre in der „1.Berliner Klasse“. Im Jahre 1922 errang die 1. Jugendelf als erste Mannschaft den Titel des Bezirkes Prignitz.

Traditionell wurden große Sportfeste veranstaltet. Einen besonderen Höhepunkt stellte das jährlich wiederkehrende Sportfest mit Staffelllauf „Quer durch Wusterhausen“ dar. Hierbei gab es am Sonntagvormittag einen Staffetenlauf der Leichtathletiksparte durch die Stadt. Nachmittags wurde ein Fußballturnier auf dem Sandfußballplatz durchgeführt. Ab 20 Uhr ging es zum Sportlerball bei „Glöckner und Rauchschindel“ im heutigen Kinosaal.

Zitat der Presse aus dieser Zeit:“Fußballer und Zuschauer schluckten geduldig den ganzen Nachmittag allen aufgewirbelten Sand, der dann abends im Festlokal kräftig heruntergespült wurde“.

Als hervorragender Langstreckenläufer der Leichtathletiksparte ist Bäckermeister Wilhelm Plötz zu nennen, welcher bedeutende regionale und überregionale Titel für den“ SCW“ erringen konnte.

Im Jahre 1925 erwarb der Verein ein 5 Morgen großes Areal am See, den heutigen kleinen Sportplatz. Der Erwerb und die Gestaltung zum Fußballplatz verursachten nicht unerhebliche Kosten von 5350 Reichsmark. Dies wurde nur durch die außergewöhnliche Spendenbereitschaft der sportbegeisterten Wusterhausener Bürger ermöglicht, so dass am 16.5.1926 die feierliche Einweihung des Sportplatzes mit einem Freundschaftsspiel zwischen dem „SCW“ und einer Prignitzer Auswahlmannschaft stattfinden konnte, welches mit dem Sieg von 2:0 für den Gastgeber endete.

Im Jubiläumsjahr 1929 existierte nur noch eine Fußballmannschaft. Die 1. Herrenmannschaft konnte in diesem Jahr den Titel „Bezirksmeister der Prignitz“ erringen und holte zu dem auch noch die Bezirkspokalmeisterschaft! Der „SCW“ entwickelte sich trotz Weltwirtschaftskrise zu einer nicht zu verachtenden sportlichen und gesellschaftlichen Größe der Region. Im Jahre 1930 spielte der SCW in der 1.Klasse des Berliner Westkreises und man belegte am Saisonende einen vorderen Platz.

Aus finanziellen Gründen stellte der „SCW“ im Jahre 1933 den Antrag nur noch im heimischen Prignitz-Ruppin spielen zu dürfen. Mit der Machtübernahme des Hitlerregimes vegetierte auch der Fußballsport mehr schlecht und recht dahin. Für den Massensport gab es keinerlei Unterstützung da die Prioritäten in dieser Zeit leider bei der Kriegsvorbereitung lagen. Die Mannschaften konnten nur unter größtem Einsatz der Clubleitung zusammengehalten werden.

Im Jahre 1945 lag der Spielbetrieb aufgrund der verheerenden Kriegswirren vollkommen am Boden.

Im Jahre 1946 wurden unter der Federführung der „Freien Deutschen Jugend“ Versuche unternommen den Fußball wieder in der Stadt zu etablieren.

Pionierarbeit im Aufbau des städtischen Fußballsports leisteten die Sportfreunde Fritz Köpcke und Franz Kosinski, welche die Sportgemeinschaft „SG Wusterhausen“ neu gründeten und 2 Mannschaften aufbauten. Im Jahre 1949 trug die Aufbauarbeit ihre ersten Früchte. Die Männermannschaft wurde erstmalig Kreismeister und stieg nach erfolgreichen Spielen in die Bezirksklasse auf. Diese Erfolge zogen immer mehr sportbegeisterte Einwohner in ihren Bann und im Jahre 1950 hatte der Verein beachtliche 5 Mannschaften vorzuweisen und die Mitgliederzahl stieg auf 80 Personen.

Besonders hervorzuheben ist der Vereinsvorsitzende und spätere Bürgermeister der Stadt Fritz Köpcke, welcher im Jahre 1952 zum Oberligaschiedsrichter und erstem international anerkannten FIFA-Referee der neugegründeten und um weltweite Anerkennung ringenden DDR berufen wird. Damit wurde der Name Wusterhausens als Sportstadt bis weit über die Grenzen des kleinen Staates hinausgetragen. Aufgrund seiner Verdienste bekommt er den Titel „Verdienter Meister des Sports“ verliehen.

1956 erfolgt die politisch verordnete Neuorganisation des Sports in der ehemaligen DDR. Durch die Gründung des Deutschen Turn-und Sportbundes (DTSB) erfolgt die Umwandlung der SG Wusterhausen in die Betriebssportgemeinschaft (BSG) „Empor“ Wusterhausen. Sämtliche Sportvereine werden Sparten unter dem Dach der BSG „Empor“ wie zum Beispiel auch der Segler- und Tennisverein. Dies wurde nur möglich weil der Kreisbetrieb der damaligen Handelsorganisation(HO) die finanziellen Geschicke der BSG „Empor“ in die Hand nahm. In einem spektakulären Match erkämpft die 1. Jugendmannschaft den Aufstieg in die Jugendsonderklasse!

Unhaltbare Zustände bestimmten den Spielbetrieb. Nach dem Spiel zog man sich in einer Holzhütte um und „duschte“ unter der Wasserpumpe. Dies entsprach nicht mehr den Anforderungen an einen modernen Spielbetrieb.

Im darauffolgenden Jahr 1957 übernahm der Sportfreund Friedhelm Dicke als Vereinsvorsitzender die Geschicke des Clubs. Von 1960 bis 1962 wurrde das moderne Vereinsheim mit Umkleidekabinen, Duschen und Lautsprecheranlage errichtet. Im Jahr danach begann der Bau des neuen „Seestadions“. Dazu wurden Flächen neben dem „alten Sportplatz“ beschafft.

Am 7.6.1967 erfolgt die festliche Einweihung des „Seestadions“ vor sagenhaften 4000 Zuschauern! Das Auftaktspiel wurde durch eine Olympiaauswahl der DDR und eine Berliner Stadtauswahl bestritten. Erstere siegte mit 6:1. Im weiteren Verlauf fanden zahlreiche hochrangige nationale und internationale Turniere im Wusterhausener „Seestadion“ statt.

Dr.Klaus Scheurell tritt im Jahre 1971 in die „Fußstapfen“ seines Schwiegervaters Fritz Köpcke und wird ebenfalls zum Oberligaschiedsrichter und FIFA-Referee berufen.

Das Jahr 1971 war von einem ganz besonderen Erfolg gekrönt. Die erste Männermannschaft steigt in die Bezirksliga auf. In den darauffolgenden Jahren sind diverse Manschaften der BSG „Empor“ Wusterhausen in diversen Ligen des ehemaligen Bezirkes Potsdam und des Altkreises Kyritz aktiv. Nach dem Tod Friedhelm Dickes übernimmt Gerd Gruben den Vereinsvorsitz.

1988 wird das Vereinsheim erweitert und der alte Sportplatz neu gestaltet. Im Jahre 1989 wird mit einem feierlichen Festbankett das 70-jährige Bestehen des Fußballvereins in den Räumen der HTK-GmbH begangen.

Im Wendejahr am 5.11.1990 wird die Umbenennung des Vereins in „FC Blau-Weiß Wusterhausen 1919 e.V.“ durch die Mitglieder einstimmig beschlossen.

Die politische Wende in der ehemaligen DDR ging auch nicht spurlos am Wusterhausener Fußballverein vorüber. Aufgrund wirtschaftlicher und finanzieller Zwänge konnte leider das hohe Spielniveau der vergangenen Jahrzehnte nicht gehalten werden.

Trotz wirtschaftlicher Schräglagen des Vereins kann aber immer noch eine aktive Nachwuchsarbeit geleistet werden. Bis zu seinem Tode Jahre 2002 leitete Vereinsvorsitzender Gerd Gruben die Geschicke des Vereins. Als Nachfolger übernimmt Andreas Nucklies den Vorsitz. Durch die konsequente Nachwuchsarbeit hat der FC Blau-Weiß Wusterhausen viele fußballerische Talente hervorgebracht, welche dann aber leider in den höherklassigen Bereich zu anderen Vereinen wechselten.

Als hervorragendes Beispiel der erfolgreichen Jugendarbeit ist der ehemalige Nachwuchskicker Björn Brunnemann zu nennen, dessen Großvater, Vater und Onkel unzählige Tore für den Verein erzielten. Björn Brunnemann begann nach seinem Ausscheiden aus dem Verein die Karriere eines Profifußballers. Stationen seines Wirkens waren unter anderem der FC Hansa Rostock, Energie Cottbus und Rot-Weiß Erfurt. Derzeit kickt das Wusterhausener Nachwuchstalent für den FC St. Pauli in der zweiten Bundesliga!

Im Jahre 2008 kann der Verein auf eine erste Männermannschaft (1.Kreisklasse), eine Alt-Herrenmannschaft, sowie 4 Nachwuchsmannschaften im Punktspielbetrieb schauen.

M.Schimpke

(mit freundl. Unterstützung von Karsten Mueller)

zurück