Das Jahr 2008—Jubiläums- und Gedenkjahr für die Stadt Wusterhausen a.d.Dosse

Während die Planungen und Vorbereitungen zur Festwoche, anlässlich der Stadtrechtverleihung durch die Edlen Johann und Gebhart von Plotho im Jahre 1232/33 auf Hochtouren laufen, soll hiermit auch an das zweite denk- bzw. feierwürdige Jubiläum der Stadt und ihrer tapferen Bürger erinnert werden. Dieses denkwürdige Datum gerät unschwer bei aller Euphorie in Bezug auf die 775-Jahrfeier all zu leicht in Vergessenheit. Am 13.April des Jahres 2008 sind genau 250 Jahre vergangen als die letzte große Feuerkatastrophe, in Form eines verheerenden Stadtbrandes, die kleine Stadt an der Dosse fast zu Grunde richtete. Stadtbrände waren in den vergangenen Jahrhunderten keine Seltenheit da Beheizung, Kochen und Beleuchtung der Wohnräume mit offenem Feuer realisiert wurde. Leider wurde Wusterhausen viermal und fast ein fünftes mal von diesen verheerenden Feuersbrünsten heimgesucht. Der letzte große Stadtbrand brach am 13.April 1758 durch Unachtsamkeit des Ackerbürgers Michel Hilgendorf aus. Am 17.Mai des Jahres 1636 wurde die Stadt erstmalig ein Raub der Flammen. 75 Prozent der Stadt wurden zerstört. In den Aufzeichnungen des Chronisten Altrichter ist zu lesen: „Nachmittag zwischen 2 und 3 ist eine schmehliche feuersbrunnß entstanden, alß das 3 Theil von der Stadt mehretheils weggebrannt, und ist das feuer aus Christian Alands schörnstein aus Kommen, so Eben zu der Zeit alhier 2 Schwedische Regimentern zu Roß logiret“. Nur ein Jahr später, zu Ostern 1637, zog abermals eine Feuerwalze durch die Gassen der Stadt und vernichtete dabei die bisher geleistete Aufbauarbeit der tapferen Bürger. Nur 42 Jahre später wurde der bisher geleistete Wiederaufbau Wusterhausens erneut durch eine Feuersbrunst zunichte gemacht. Die kaum aus der Asche wiedererstandene Stadt wurde am 8.April 1679 nochmals ein Raub der Flammen. Bei diesem Brand versank die Hälfte der kleinen Stadt in Schutt und Asche.

Wie kam es nun zum letzten großen Stadtbrand am 13.April des Jahres 1758?

Am Morgen des 13.April 1758 wollte Michel Hilgendorf mit seinem Nachbarn in den Wald bei Plänitz gehen. In der Küche setzte er seine gestopfte Pfeife schnell in Brand, indem er einige Stücke Torfglut auf den gestopften Tabak legte. Danach ging er über den Hof in seine Scheune um sich dort mit seinem Nachbarn zu treffen. Als beide in angeregtem Gespräch auf der Strasse in Richtung Plänitz waren, blickte sich einer der beiden zufällig um. Mit Entsetzen sahen sie eine gewaltige Rauchwolke über der Stadt, welche durch das vom Wind gepeitschte Feuermeer dunkelrot erleuchtet wurde. In diesem Augenblick bemerkte Michel Hilgendorf das die Torfglut auf seiner Pfeife nicht mehr vorhanden war. Ihm wurde sofort klar das nur er der Urheber des flammenden Infernos gewesen sein konnte. Es wurde auch einwandfrei festgestellt das dieser letzte große Stadtbrand in Hilgendorfs Scheune seinen zerstörerischen Anfang nahm. (das Haus Hilgendorfs befand sich in der Borchertstrasse 6).

Durch den stark aus Richtung Nord-Ost wehenden Wind konnte sich das Feuer rasant über das Stadtgebiet ausbreiten. Die schon durch vorherige Stadtbrände, Pest und Belagerungen fremder Armeen arg gebeutelte Stadt stand wieder kurz vor dem Ruin und wurde zu zwei Dritteln zerstört. Diese letzte Feuerkatastrophe zerstörte die Stadt im Bereich Neue Poststrasse, Kirche, Borchertstrasse in Richtung Süden bis zur „Zweirade-Mühle“ am Friedhof in der Berliner Strasse und von der heutigen Dombrowski-Strasse in Richtung Westen bis zur Schifffahrt, der Kommandanten- und Ludwigstrasse. Im Bereich dieses Areals blieb nicht ein Haus erhalten. Als besonders tragisch ist hierbei der Verlust des alten Rathauses mit seinem für die Geschichtsschreibung wertvollen Stadtarchiv zu nennen. Unzählige Urkunden und Dokumente, welche Aussagen über das Leben und die Entwicklungsgeschichte zur damaligen Zeit geben konnten, sind bei diesem verheerenden Feuer unwiederbringlich verlorengegangen. Und somit auch ein Stück Stadtgeschichte welches für uns leider ewig im Verborgenen bleiben wird. Aus mündlichen Überlieferungen vermerkte der Ortschronist Karl Friedrich Altrichter:

„Das Unglück war unabsehbar. Die Verwirrung endlos. Nichts als das nackte Leben war gerettet. Mit einem Schlage war die mühevolle Arbeit von zwei Menschenaltern vernichtet.“

Michel Hilgendorf stellte sich freiwillig den Behörden. Der Legende nach kam es nie zu einer Verurteilung des beschuldigten Bürgers, denn er soll vor Gram im Wusterhausener Stadtgefängnis gestorben sein. Die einzigen Häuser, welche den letzten großen Stadtbrand von 1758 überlebten, sind heute im Bereich der Kyritzer Strasse zu finden. Nur deren Bauweise ist es zu verdanken das uns diese ältesten Gebäude der Stadt erhalten geblieben sind. Einige Bauherren lernten von den vorangegangen Stadtbränden und beließen sogenannte „Brandgänge“ zwischen den Häusern. Man errichtete die Häuser nicht wie herkömmlich Giebel an Giebel, sondern beließ zwischen den Gebäuden einen circa 1,50 breiten Abstand, den sogenannten „Brandgang“. Dadurch wurde das Überschlagen der Flammen auf benachbarte Gebäude verhindert und die Löscharbeiten wesentlich erleichtert.

Für den Wiederaufbau der 169 abgebrannten Wohnhäuser standen 24241 ½ Taler aus der Feuerkasse, 10559 Taler Bauhilfsgeld aus der Staatskasse, sowie 1456 Taler 9 Groschen und 1 Pfennig aus der Kirchenkollekte zur Verfügung. Dieses für die damalige Zeit unvorstellbar viele Geld reichte aber bei weitem nicht aus um die geschundene Stadt wieder aus der Asche erstehen zu lassen. Sehr langsam entstanden neue Häuser im Stadtzentrum, selbst 20 Jahre später waren noch unbebaute Stellen im Stadtgebiet zu finden.

Als sich die Wusterhausener Bürger gerade von diesem Schock erholt hatten und mit dem Wiederaufbau der Stadt beschäftigt waren, ahnten sie nicht das sie nur 6 Jahre später fast einer gleichen Katastrophe entgehen würden, denn am 17.Mai des Jahres 1764 schlug der Blitz in den früher noch 70 Meter hohen Kirchturm mit seinem achteckigen Spitzhelm ein. Der Kirchturm war bei seiner Fertigstellung ca. 70 Meter hoch! Auf dem ca. 35 Meter hohen, massiven Turm saß nochmals ein ca. 35 Meter hoher, achteckiger Spitzhelm aus Holz .

Wie ist es nun zu dem kleinen Pyramidendach gekommen?

Bei dieser Katastrophe schlug der Blitz in den achteckigen Spitzhelm aus Holz ein, welcher dabei vollständig niederbrannte. Die Glocken und die Kirchturmuhr zerschmolzen in der Hitze, dabei wurde auch das Gewölbe des Kirchturms durchschlagen. Lediglich die Kirchturmspitze mit der Wetterfahne fiel zu Boden. Der Windstille und dem Regen war es zu verdanken das dieses Feuer nicht nochmals auf die Stadt überschlug und einen erneuten Stadtbrand auslöste. Ursprünglich wollten die Bürger den großen achteckigen Spitzhelm wieder auf den Turm der St.Peter-und Paul-Kirche setzen. Für die Wusterhausener Bürgerschaft bedeutete dies jedoch eine große finanzielle Kraftanstrengung um das Holz für den Wiederaufbau des achteckigen Spitzhelms zu beschaffen, denn die Stadtkasse war durch den verheerenden Brand von 1758 leer. Trotzdem gelang der Holzkauf durch den Stadtkämmerer Werkenthin. Das Holz wurde aber verschnitten und zu klein angeliefert. Als die Wusterhausener Bürger keinen Fortschritt beim Wiederaufbau des Spitzhelmes sahen, fingen sie an den von der Stadt engagierten Baumeister zu verspotten. Der Baumeister verließ daraufhin fluchtartig die Stadt, denn er trug keinerlei Schuld an der bestehenden Misere. Erst später stellte sich heraus das der Stadtkämmerer Werkenthin höchstwahrscheinlich („ absichtlich“) zu kleine Maße für den Holzzuschnitt angegeben haben soll, um billig an Bauholz zur Errichtung der "neuen Posthalterei" in Form des heutigen Museumshauses zu kommen. Die Wusterhausener Bürger waren der allgemeinen Konfusion überdrüssig und entschieden sich dazu, dem Kirchturm den kleinen provisorischen Pyramidenhelm aufzusetzen. Das Baumaterial für den achteckigen Spitzhelm findet man heute in Form des Dachstuhls im "Herbst`schen Haus" am Markt 3 wieder! Der viel zu kleine, provisorische Pyramidenhelm kündet noch heute vom großen Glück der Stadt und ihrer wackeren Bürger, denn ebenso hätte die Stadt ein fünftes mal im Jahre 1764 ein Raub der Flammen werden können.

Marco Schimpke, Wusterhausen/Dosse

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